Vertragliche Haftung

Was ist unter der vertraglichen Haftpflicht zu verstehen?

Unter der vertraglichen Haftung ist NICHT die eigentliche Vertragserfüllung im Sinne des Leistungs- und Erfüllungsinteresses zu verstehen, sondern der dem Vertragspartner allenfalls darüber hinaus oder nebenher zugefügte sonstige Schaden im Sinne des Haftpflichtrechtes.

Im schweizerischen Recht wird zwischen Ansprüchen, die durch unerlaubte Handlungen entstehen, und Ansprüchen, die aus einem Vertrag entstehen, unterschieden. Die Unterscheidung ist insbesondere für die Verjährung, die Beweislast, das Verschulden, die Haftung für Drittpersonen und die Haftung für reine Vermögensschäden von Bedeutung.

Was muss passieren, damit die vertragliche Haftpflicht gegeben ist (Haftungsvoraussetzungen)?

Folgende Voraussetzungen müssen gegeben sein:

  • Schaden (es muss zu einem Schaden gekommen sein)
  • Vertragsverletzung (anstelle der aus der ausservertraglichen Haftung bekannten Widerrechtlichkeit)
  • Kausalzusammenhang zwischen dem vertragswidrigen Verhalten und dem Schaden
  • Haftungsgrund (i.d.R. Verschulden mit umgekehrter Beweislast)

Freizeichnungsklausel

Mit einer Freizeichnungsklausel wird (i.d.R. in den Allg. Geschäftsbedingungen) die gesetzliche Haftpflicht vertraglich eingeschränkt oder wegbedingt. Eine Einschränkung oder gar Wegbedingung der Haftung ist nur im Rahmen der geltenden gesetzlichen Schranken möglich.

Verjährung der vertraglichen Haftpflicht

Vorbehältlich einer anderslautenden Regelung bei einzelnen Vertragsarten gilt gemäss OR 127/130 im Bereich der vertraglichen Haftpflicht eine Verjährungsfrist von 10 Jahren ab Beginn der Fälligkeit der Forderung.

Grundnorm der vertragliche Haftpflicht

Grundnorm: OR 97 I.

Diese kommt bei sämtlichen Vertragsarten zur Anwendung, die keine abweichende Haftungsregelung enthalten, sowie bei Vertragsverhältnissen, die im OR nicht explizit geregelt sind (Innominatkontrakte oder Verträge sui generis). Es handelt sich dabei um eine Verschuldenshaftung mit umgekehrter Beweislast.

Kaufvertrag

  • Kausalhaftung für unmittelbaren Schaden bei Wandelung (OR 208 II: Der Verkäufer hat den gezahlten Verkaufspreis samt Zinsen zurückzuerstatten und überdies, entsprechend den Vorschriften über die vollständige Entwehrung, die Prozesskosten, die Verwendungen und den Schaden zu ersetzen, die dem Käufer durch die Lieferung fehlerhafter Ware unmittelbar verursacht worden sind.)
  • Verschuldenshaftung (mit umgekehrter Beweislast) für:
    • mittelbaren Schaden (entgangener Gewinn) bei Wandelung OR 208 III
    • jeden Schaden bei Minderung OR 97 I (Kann die Erfüllung der Verbindlichkeit überhaupt nicht oder nicht gehörig bewirkt werden, so hat der Schuldner für den daraus entstehenden Schaden Ersatz zu leisten, sofern er nicht beweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last falle.
    • jeden Schaden ohne Wandelung oder Minderung OR 97 I

Merkmale der Haftung aus Werkvertrag gemäss OR 363 ff.

  • Im Gegensatz zum Auftrag ist der Werkvertrag erfolgsorientiert. Geschuldet ist nicht nur sorgfältiges Tätigwerden, sondern die Erreichung des versprochenen Arbeitserfolgs. Der Misserfolg stellt die Vertragsverletzung dar.
  • Das geschuldete Werk kann ein körperlicher (stofflicher) oder ein unkörperlicher (geistiger) Arbeitserfolg sein.
  • Eine Haftung aus Werkvertrag kann sich aus Schäden als Folge eines Mangels des Werks oder aber bei dessen Ausführung ergeben (ausgeklammert ist an dieser Stelle die Mängelhaftung gemäss OR 367 ff., d.h. die eigentliche Vertragserfüllung).
  • Es gilt die Verschuldenshaftung mit umgekehrter Beweislast.

Merkmale der Haftung aus Auftrag gemäss OR 394 ff.

  • Der Beauftragte verpflichtet sich, eine bestimmte Tätigkeit mit einer bestimmten Sorgfalt zu erbringen und nicht einen bestimmten Erfolg zu realisieren (keine Erfolgsgarantie).
  • Der Beauftragte haftet gegenüber dem Auftraggeber für getreue und sorgfältige Ausführung des ihm übertragenen Geschäfts.
  • Die Missachtung der Sorgfalts- und Treuepflicht stellt eine Vertragsverletzung dar.
  • Es gilt die Verschuldenshaftung mit umgekehrter Beweislast.
  • Bei befugter Übertragung des Geschäfts auf betriebsfremde Unterbeauftragte haftet der Beauftragte nur für die gehörige Sorgfalt bei der Wahl und Instruktion des Unterbeauftragten.

Merkmale des Arbeitsvertrages gemäss OR 328

  • Haftung des Arbeitgebers gemäss OR 328 für den einem Arbeitnehmer im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses durch vertragswidriges Verhalten (z.Bsp. Verletzung einer Schutzpflicht) zugefügten Schaden. Es gilt die Verschuldenshaftung mit umgekehrter Beweislast. Als Besonderheit ist das Regressprivileg des Arbeitgebers gemäss ATSG 75 II zu beachten.
  • Haftung des Arbeitnehmers gemäss OR 321 für den dem Arbeitgeber im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses durch Missachtung der Sorgfalts- und Treuepflicht zugefügten Schaden. Dabei ist das Berufsrisiko angemessen zu berücksichtigen. Es gilt die Verschuldenshaftung mit umgekehrter Beweislast.

Merkmale des Mietvertrages gemäss OR 259e/257f.

  • Haftung des Vermieters gemäss OR 259e für Schäden des Mieters wegen Mängel der Mietsache. Es gilt die Verschuldenshaftung mit umgekehrter Beweislast.
  • Haftung des Mieters gemäss OR 257f für Schäden an der Mietsache. Es gilt die Verschuldenshaftung mit umgekehrter Beweislast (vorbehältlich der Sonderregelung bei Missachtung der Meldepflicht bei Mieterschäden).

Merkmale des Hinterlegungsvertrages gemäss OR 473 II / 472 I

  • Haftung des Hinterlegers gemäss OR 473 II für Schäden durch die hinterlegte Sache. Es gilt die Verschuldenshaftung mit umgekehrter Beweislast.
  • Haftung des Aufbewahrers für den Schaden an einer ihm anvertrauten Sache gemäss OR 472 I. Sofern der Aufbewahrer die Sache – aus welchen Gründen auch immer – nicht unbeschädigt zurückgeben kann, liegt eine Vertragsverletzung vor. Entlasten kann er sich dann nur noch durch den Beweis des Nichtverschuldens. Bei unberechtigtem Gebrauch der anvertrauten Sache hat der Aufbewahrer auch für den Schaden infolge Zufalls einzustehen.

Beispiele

Klagen bzw. Ansprüche z.B. gegenüber Treuhändern und Revisoren haben zugenommen. Nachfolgend ein paar typische Schadenbeispiele aus dem Treuhand- und Revisionsbereich:

  • Nichtanzeigen einer Überschuldung
  • Unsorgfältige Auftragserledigung
  • Nachlässiges Aktenstudium
  • Unterlassen der Risikoabklärung
  • Fehlerhafte Beratung
  • Nichteinhaltung von Fristen
  • Verantwortlichkeitsklage gegen VR infolge Insolvenz

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